Ammersee – ein riesiges Naturschutzgebiet, wie die Everglades, oder das Wattenmeer

Der Ammersee ist ein riesiges Naturschutzgebiet. – Klar das Naturschutzgebiet am Südufer des Sees kennt fast jeder, und das Seeholz im Westen auch, und den Ablauf oben im Norden auch. Aber es geht noch viel weiter. Der ganze Ammersee ist ein besonderes Naturschutzgebiet – er ist ein Ramsarer Schutzgebiet – und spielt damit in die Liga der weltweit zu schützenden Feuchtgebiete. – Wie die Evereglades, oder das Wattemeer!

Treffpunkt von fast 20.000 Wasservögeln

entfernung

Verdammt weit her – über 4000 Kilometer Anreise hat manch eine Ente, die den Winter am Ammersee verbringt, hinter sich.

Seit 1971 sind der Ammersee und der Starnberger See sogenannte Ramsar-Schutzgebiete (nach einer kleinen Stadt im Iran) von internationaler Bedeutung. Somit stehen sie in einer Reihe mit den Everglades, der Camargue oder dem deutschen Wattenmeer, denn all diese Gebiete zeichnen sich dadurch aus, dass sie besonders wertvolle Lebensräume für Wasservögel bieten.

– nur statt Alligatoren sind es hier Vögel – und zwar genau hier und fast nur hier und ganz besonders eben im Winter.

Beide Seen sind im Winter Treffpunkt von jeweils fast 20.000 Wasservögeln. Während sich im Sommer hier gerade einmal etwa 1500 Vögel aufhalten, sind es im Winter 10 Mal so viele. Und zwar Vögel, die dafür über 4000 Kilometer weit geflogen sind. Sie kommen aus Skandinavien, dem Baltikum und Russland, wo sie im Sommer brüten. Bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 70 km/h gehen die Tiere deutlich an ihre Leistungsgrenze. Sie bauen nicht nur ihre Fettreserven ab, selbst innere Organe müssen für den Hochleistungsflug herhalten. Und wenn sie dann hier sind brauchen sie – wen wundert’s – in allererster Linie Ruhe und Nahrung.

Gefiederte Leistungssportler

Wintergäste am Ammersee – extrem schreckhaft und ganz besonders

Es sind vorwiegend Enten, die bei uns überwintern. Nicht nur „Gründelenten“ wie die bekannte Stockente, sondern v.a. sogenannte „Tauchenten“, die sich von Muscheln ernähren. Und zwar genau von den scharfkantigen Muscheln, die uns beim Baden im Sommer so piesacken. Diese Dreikantmuscheln wurden in den 60er Jahren wohl aus dem Schwarzen Meer hier eingeschleppt. Sie wachsen vor allem an Steinen und Pfählen und Bojenketten. Über den Winter hinweg werden sie von den Tauchenten wie Reiherente, Tafelente oder Schellente abgegrast. Über den Sommer wachsen sie wieder nach ( grauslige Vorstellung, was wohl wäre, wenn sie nicht mehr abgegrast würden). Ein Kreislauf, der eben genau nur hier und an wenigen anderen Orten in Bayern stattfindet.

 Schreckhaft und ausgemergelt

Im Gegensatz zu den an Menschen gewöhnten „Parkenten“ sind diese Wildenten sehr schreckhaft. Oft reicht schon eine Annäherung von 500 Metern und der Schwarm fliegt auf und davon. Nun lassen sich die aufgeschreckten Tiere nicht gleich wieder in angemessener Entfernung nieder, sondern verschwenden, einmal aufgebracht, wichtige Energien bis sie wieder zu Ruhe kommen. 500 Meter Abstand ist ziemlich viel. Das Aufschrecken der Vögel nimmt man kaum war, noch viel weniger nimmt man wahr, dass es sich um diese echt schützenswerten gefiederten Hochleistungssportler handelt. Und jedes Aufschrecken kostet Energie, sehr viel Energie, die spätestens dann fehlt, wenn sie in die Brutsaison starten. Und das bedeutet dann leicht, schlechten Bruterfolg und entsprechend wenig Nachwuchs.

Aber genau an diesem Punkt können wir Wassersportler, wir Segler, Paddler, Kiter ,Windsurfer und Ruderer Rücksicht nehmen.

Es gibt eine freiwillige Vereinbarung, die für den Ammersee und den Starnberger See eine Winterruhe vom 30. Oktober bis 31. März vorsieht. Sie ist, zumindest bislang, freiwillig. Aber auch darüber hinaus gibt es Möglichkeiten, die Tiere möglichst in Ruhe überwintern zu lassen:

Rücksicht auf die gefiederten Leistungssportler

Basierend auf regelmäßigen Vogelzählungen, gibt es eine Karte, die Wasservogel-Ruhezonen beschreibt. Wer hier nicht paddelt oder surft hilft den Vögeln. Dazu gehören das Nordende des Ammersees, das Ostufer mit dem nördlichen Teil der Herrschinger Bucht, ein Bereich vor Höhenberg und das Südende des Sees. Westufer bis Seemitte hingegen werden von den Vögeln kaum genutzt und man kann hier gut paddeln – idealerweise in der Gruppe und nicht allein. Denn ein Paddler schreckt genauso viele Vögel auf, wie viele Paddler.
Die Ruderclubs gehen übrigens mit gutem Beispiel voran: sie haben am Ammersee wie am Starnberger See eigene Winterruderstrecken. Dort rudern sie gemeinsam zu bestimmten Zeiten. So harmonieren Vogelschutz und Winterwassersport.

Auch Kiter und Surfer könnten eine Beitrag leisten: Bei viel Wind verziehen sich die Tiere am Nordende in den Schutz der kleinen Inseln und am Rieder Eck verziehen sich die Enten in den Schutz des nördlichen Teils der Herrschinger Bucht. Wenn bei viel Wind alle nur vom Rieder Eck aus starten und keiner aus der Herrschinger Bucht kommt, wäre viel geholfen. Entsprechendes gilt für den Norden: wenn alle von Stegen ablegen und die Insel umfahren, …

Im Gewässerentwicklungskonszept für den Ammersee sind die Winterruhezonen bislang noch nicht bindend. Je mehr jeder freiwillig auf die Vögel Rücksicht nimmt, desto eher bleibt es dabei.

karte ramsar gebiet

Der Ammersee – ein Ramsar-Schutzgebiet von weltweitem Interesse

Öffnet die Polizei dem Winterwassersport nun Tor und Riegel?

Seit vielen Jahren sucht die Polizei einen Standort für ihre Einsatzboote am Ammersee.  Vielen bekannt ist die aktuelle Diskussion, um den möglichen Standort am Holzhauser Dampfersteg.

Bisland wird das Boot eingwintert. Einzelne Rettungseinsätze werden von den Wasserwachten gefahren. Jetzt aber möchte die Polizei, so haben Sie es in einer Versammlung dem interessierten Bürger kundgetan, auch im Winter Präsenz zeigen.

Aber ist das nicht ein Signal in die falsche Richtung? – Läuft das nicht genau dem Bestreben, dem Ammersee seine Winterruhe zu überlassen und diese weitestgehend zu schützen zuwider?

Was ist Eure Meinung?

2 Comments

  • Klaus Röder sagt:

    Herzlichen Dank für den Beitrag und die Diskussion bezüglich der Nutzung in der „staden Zeit“ und das Polizeiboot. Leider ist es wie bei allen anderen menschlichen Aktivitäten, die Menge hält sich an Gebote und Verbote, einzelne ziehen Ihre persönliche Freiheit allem anderen vor. Im Sinne von: Die Rettungsgasse machen die doch, wozu sonst, nur für mich auf! Kein „oder?“.

    Wenn die Polizei diese Leute auf Ihren Booten verwarnt und mit Strafe belegt, ok. Das habe ich aber weder miterlebt, noch habe ich davon jemals gehört.

    Wunderbar, dass Du diejenigen lobst, die sich mit der Natur einigen und auf sie aufpassen!

  • Ein sehr schöner Beitrag. Mir war nicht bewusst, dass die Wildenten so schreckhaft sind. Zum Glück funktioniert die freiwillige Winterruhe der Wassersportler recht gut.

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